1.
Gibt es in einem reichen Land wie Österreich überhaupt arme Kinder?
Armut gibt es nicht nur im globalen Süden. Armut und von Kinderarmut betroffene Kinder gibt es auch in Österreich. Wir können zwei unterschiedliche Begriffe von Armut unterscheiden.
Absolute Armut bedeutet die Nicht-Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Essen, Kleidung oder Wohnen. Das trifft in Österreich insbesondere auf wohnungs- oder obdachlose Personen zu.
Relative Armut wird am allgemeinen Lebensstandard der jeweiligen Gesellschaft gemessen. Das kann einerseits mit dem Blick auf die Einkommen bewertet werden, andererseits aber auch mit der Frage, ob die Menschen Waren und Dienstleistungen, die als üblich gelten, finanzieren können. Etwa ein zweites Paar Schuhe oder ob alle Zahlungen getätigt werden können. Die Statistik zeigt auch, dass Familien in 353.000 Haushalten die Wohnung nicht warmhalten können. 75.000Menschen haben kein zweites Paar Schuhe. Und 17.000 Kinder und Jugendliche können es sich nicht leisten, Freund*innen zum Spielen und Essen nach Hause einzuladen (Statistik Austria 2024).
2.
Wer gilt als armutsgefährdet in
Österreich?
Als armutsgefährdet gilt, wer mit weniger als 60% des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss. Das trifft auf mehr als 1,3 Millionen Menschen in Österreich zu, darunter mehr als 320.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Aktuell liegt die Armutsgefährdungsschwelle bei 1.572 Euro monatlich für einen 1-Personen-Haushalt (Statistik Austria 2024). Besonders stark von Armut gefährdet sind beispielsweise Ein-Eltern-Haushalte, Haushalte, in denen eine langzeitarbeitslose Person lebt, Menschen mit Behinderung oder auch Drittstaatsangehörige. Aber auch die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen liegt höher als im österreichischen Durchschnitt. Die derzeitigen familienpolitischen Leistungen in Österreich schaffen es nicht, Kinderarmut zu verhindern (Statistik Austria 2024).
3.
Wäre der Ausbau öffentlicher Infrastruktur nicht wichtiger als die finanzielle Unterstützung?
Das Volkshilfe-Modell der Kindergrundsicherung beinhaltet neben Geldleistungen auch den Ausbau von kindgerechter Infrastruktur. Vor allem auch, weil die letzten 15 Jahre eher von Sozialkürzungen und Rückbau solcher Einrichtungen geprägt waren. Wir setzen uns für einen kostenfreien Kindergarten, ein Gratis-Mittagessen für Kinder, den Ausbau von Gesundheitseinrichtungen, eine ganztägige Gesamtschule und den Erhalt von öffentlichen Einrichtungen wie Schwimmbädern und Büchereien ein. Das senkt auch die Kinderkosten, die derzeit viele Familien stark belasten. Sinken die Kinderkosten lt. Referenzbudget, dann braucht es auch eine weniger hohe Kindergrundsicherung. Jedoch lässt sich vieles, was die soziale Teilhabe betrifft, nicht allein durch den Ausbau öffentlicher Einrichtungen regeln. Das Modell der Kindergrundsicherung sichert das Notwendigste und eröffnet gleichzeitig neue Perspektiven. Weil weder die Abdeckung von Grundbedürfnissen (Essen, eine warme Wohnung oder Kleidung, die der Witterung angepasst ist) noch die Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftschancen der Kinder von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen dürfen.
4.
Bekommen alle Familien nach dem Volkshilfe-Modell der Kindergrundsicherung den gleichen Betrag? Ist das nicht eine falsche Umverteilung?
Nein, armutsbetroffene Familien werden durch die Kindergrundsicherung besonders unterstützt.
Denn wir fordern die gleichen Chancen für alle Kinder. Die Kindergrundsicherung verbessert die Rahmenbedingungen für Kinder aus armutsbetroffenen Familien im Vergleich zu Kindern aus Haushalten mit höherem Einkommen. Doch für alle Familien ist das Leben in Österreich teuer und mit der Familienbeihilfe werden schon heute alle Familien unterstützt. Das entspricht auch der UN-Kinderrechtskonvention, in der sich jedes Land verpflichtet, in größtmöglichem Umfang die Entwicklung der Kinder zu sichern. Daher fußt das Volkshilfe-Modell der Kindergrundsicherung auf zwei Geldleistungen, einer universellen und einer einkommensabhängigen. Der Universalbetrag, der die bestehenden Familienleistungen zusammenfasst und gerechter gestaltet, würde für alle Kinder und Jugendlichen in Österreich ausbezahlt werden. Die zweite einkommensabhängige Komponente richtet sich nach dem Einkommen der Eltern. Je niedriger das Jahreseinkommen, desto höher ist dieser Betrag. So kommt das Geld auch dort an, wo es am meisten gebraucht wird.
5.
Es gibt ja schon viele Leistungen für Kinder. Verkompliziert eine weitere Leistung nicht das Sozialsystem?
Nein. Das Volkshilfe-Modell der Kindergrundsicherung würde die bisherigen Geldleistungen zusammenfassen und gerechter machen: es gäbe einen Universalbetrag für alle Kinder sowie einen neuen einkommensabhängigen Betrag für Familien mit niedrigem Einkommen. Die Kindergrundsicherung ist niederschwelliger und übersichtlicher. Die bestehenden Leistungen (wie Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Mehrkindzuschlag, Kinderfreibetrag, Freibetrag für Kinderbetreuungskosten und Schulstartgeld) sind von großer Bedeutung. Die Kinderarmut wäre ohne sie noch viel gravierender: statt 325.000 wären fast doppelt so viele Kinder (592.000) armutsgefährdet (Statistik Austria 2024).
6.
Kommt das Geld überhaupt bei den Kindern an? Wären nicht Gutscheine für Lebensmittel oder Kleiderspenden sinnvoller?
Arm sein ist nicht gleichbedeutend damit, nicht mit Geld umgehen zu können. Im Gegenteil, armutsbetroffene Eltern entwickeln Strategien, um mit wenig Geld auskommen zu können. Sie sparen häufig bei sich selbst, um ihren Kindern möglichst viel zu ermöglichen (u.a. Andresen/Galic 2015; Diakonisches Werk 2011). Gutscheine oder Sachspenden können kurzfristig eine gute Unterstützung sein. Langfristig braucht es aber finanzielle Absicherungen, die Familien die Möglichkeit gibt, ihre Ausgaben eigenständig zu verwalten. Denn die Kinder und ihre Eltern wissen am besten, was benötigt wird. Für Eltern, die aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend für die Bedürfnisse ihrer Kinder sorgen können, bietet die Kinder- und Jugendhilfe Unterstützung an, um die vorhandenen finanziellen Mittel kindgerecht einzusetzen.
7.
Bewirken Geldleistungen langfristig überhaupt etwas?
Das Forschungsprojekt zur Kindergrundsicherung der Volkshilfe, das mit den Methoden qualitativer Sozialforschung arbeitet, beobachte die nachhaltige Wirkung einer kontinuierlichen finanziellen Leistung auf die Familien. Die zuverlässige Transferleistung führte bei den teilnehmenden Eltern und Kindern des Forschungsprojekts unter anderem zu einer verstärkten sozialen Integration, einer Verbesserung des subjektiven Gesundheitszustands und einem selbstbewussten Umgang mit schulischen Herausforderungen (Lichtenberger/ Ranftler 2023). Global gesehen gibt es dazu mehrere Studien. So zeigt eine Studie des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), dass Direktzahlungen einen dauerhaften Einkommensanstieg bewirken (Haushofer/Shapiroz 2013). Auch in der Studie der Volkshilfe wurde beobachtet, dass eine kontinuierliche finanzielle Unterstützung zu einer Öffnung der Eltern für den Arbeitsmarkt führt. Eine andere Untersuchung weist auf die langfristig positiven Effekte auf die Gesundheit und die volkswirtschaftliche Gesamtsituation im Kontext des globalen Südens hin (Barrientos/Hulme 2008).
8.
Sinkt die Frauenerwerbsquote, wenn die Familienunterstützung steigt?
Die Forscherin Irene Becker, die sich mit Einkommensverteilung und sozialer Sicherung beschäftigt, weist in diesem Zusammenhang auf einen zu vernachlässigenden Effekt hin. Grundsätzlich stehen häufig Verhaltensannahmen über Frauen hinter dieser Frage, die entweder gar nicht begründet sind, oder aus Studien der frühen 1990er-Jahren entnommen sind. Vielmehr sind individuelle familiäre Anforderungen und strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt prägend (Becker 2018). Zahlreiche Studien verweisen auf den starken Effekt des Ausbaus von – qualitativ hochwertigen und an Arbeitsrealitäten angepassten – Kinderbetreuungseinrichtungen auf die Frauenerwerbsquote hin (Bonin et al. 2013; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2021). Die Volkshilfe tritt generell für eine Verkürzung der Normalarbeitszeit ohne Lohnverlust für alle Beschäftigten ein, wodurch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ebenfalls nachhaltig verbessert werden würde. Im Forschungsprojekt der Volkshilfe zeigt sich auch, dass die Kindergrundsicherung zu einer Entspannung der familiären Situation führen kann. Eltern, die einige Jahre vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren, finden neuen Mut, sich wieder auf die Jobsuche zu begeben (Lichtenberger/Ranftler 2023).
9.
Wieso setzt ihr euch nur gegen Kinderarmut ein, wenn gerade die Mindestpension so gering ist?
Die Volkshilfe tritt aktiv gegen Armut ein – egal, wen sie trifft. Wir sind eine laute Stimme gegen Altersarmut. Wir kämpfen für eine existenzsichernde Mindestsicherung, eine Erhöhung der Mindestpension und die Anhebung des Arbeitslosengeldes. Mit unserem Schwerpunktprojekt „Demenzhilfe Österreich“ unterstützen wir armutsbetroffene, an Demenz erkrankte Menschen bei finanziellen Herausforderungen. Mit unserem Projekt „Kinderarmut abschaffen“ und seinen zahlreichen Fördermöglichkeiten möchten wir eine besonders vulnerable Gruppe ins Blickfeld der Politik und Öffentlichkeit rücken. Langfristig gedacht, beugt die Bekämpfung von Kinderarmut auch Altersarmut und anderen Formen von Armut vor. Studien zeigen etwa, dass staatliche Investitionen in qualitativ hochwertige, frühkindliche Förderung im Bildungsbereich beispielsweise auch besonders positive volkswirtschaftliche Effekte haben (Spieß 2013: 40-47).
10.
Warum gehen die Eltern nicht einfach arbeiten?
Armut und Erwerbsarbeit schließen sich nicht aus. In Österreich leben 322.000 Menschen zwischen 18 und 64 Jahren, die Volloder Teilzeit erwerbstätig und trotzdem armutsgefährdet sind (Statistik Austria 2024). Dieses Phänomen wird als „working poor“ bezeichnet. Das Einkommen reicht nicht mehr aus, um vor Armut zu schützen. Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben strukturelle Ursachen. Globalisierung, Digitalisierung und wettbewerbsintensives Wirtschaften erzeugen Arbeitslosigkeit und andere Risiken, die durch eine nachhaltige Arbeitsmarktund Sozialpolitik ausgeglichen werden müssen (Urban 2006). Auf der anderen Seite fehlen vor allem in ländlichen Regionen Kinderbetreuungseinrichtungen, besonders für Kleinkinder zwischen ein und drei Jahren. Viele Eltern können nicht in vollem Ausmaß arbeiten gehen, ohne ihre Aufsichtspflichten zu verletzen. Asylwerber*innen haben zudem nur in Ausnahmefällen eine Arbeitserlaubnis und können somit gar nicht zum Familieneinkommen beitragen. Weiters gibt es auch Eltern mit chronischen Erkrankungen, denen es nicht möglich ist, einer (Vollzeit-)Beschäftigung nachzugehen.
11.
Warum brauchen Kinder Markenkleidung, Laptops und Handys?
3 Stunden und 33 Minuten verbingen Jugendliche im Durchschnitt täglich am Handy (Dienlin 2023). Wer kein Handy hat, kann nicht in der WhatsApp-Gruppe der Klasse nach den Hausübungen fragen, oder bekommt die Verabredungen der Freund*innen nicht mit. Handys ermöglichen Kindern und Jugendlichen soziale Teilhabe, die gerade für Armutsbetroffene ohnehin erschwert ist. Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass Kinder ohne
schnelles Internet, Laptop oder Tablet in ihren schulischen Möglichkeiten massiv eingeschränkt waren. 36% der
Schüler*innen, die von ihren Lehrer*innen als benachteiligt eingeschätzt wurden, konnten in der ersten Phase desHomeschoolings im Frühjahr 2020 nicht oder nur schlecht erreicht werden (Leitner et al. 2020). Auch andere kindliche Bedürfnisse wie das Tragen von Kleidung mit Lieblingsheld*innen gehören zur gesellschaftlichen Teilhabe dazu. Zudem wird das Fehlen bestimmter Markenbekleidung oder anderer Gegenstände auch von Kindern, die nicht von Armut betroffen sind, als Zeichen von Armut wahrgenommen (Einböck et al. 2015). Im Forschungsprojekt der Volkshilfe zeigt sich darüber hinaus, dass viele armutsbetroffene Kinder selten Wünsche äußern, die über die Sicherung der Existenz ihrer Familie hinausgehen
(Lichtenberger/Ranftler 2023).
12.
Sind nur Flüchtlinge und Migrant*innen arm?
Nein. Aber tatsächlich haben Personen mit Migrationsgeschichte ein höheres Armutsrisiko.
Die Armuts- oder Ausgrenzungsquote von Österreicher*innen betrug 2023 nach dem Europa 2030-Indikator 13%. Jene der Nicht-Österreicher*innen belief sich auf 38%. Wobei es je nach Staatsbürgerschaft signifikante Unterschiede gibt: Bei EU- oder EFTA-Bürger*innen liegt sie weitaus niedriger (24%) als bei jenen
aus anderen Herkunftsländern (53 % bei Menschen ohne EU-/ EFTA-Staatsbürger*innenschaft) (Statistik Austria 2024). Dass Menschen, die nach Österreich geflohen sind, ein besonders hohes Risiko für ein Leben in Armut oder Ausgrenzung haben, liegt am eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, der fehlenden Anerkennung von Abschlüssen, der zeitlich begrenzten oder unsicheren Aufenthaltsdauer, an einer im Durchschnitt niedrigeren schulischen Ausbildung und der häufigeren Anstellung im Niedriglohnsektor. Für die Volkshilfe stehen Kinder und ihre Rechte im Zentrum. Sie suchen sich nicht aus, wo sie geboren werden und welche Staatsbürger*innenschaft sie haben.
13.
Kann sich Österreich überhaupt eine Kindergrundsicherung
leisten?
Ja. Österreich kann sich das leisten, Stichwort: Vermögensverteilung. Durch Steuern auf hohe Vermögen
ließe sich nachhaltig eine Kindergrundsicherung und weitere dringende soziale Investitionen finanzieren. Eine progressive Erbschaftssteuer könnte mindestens 1 Mrd. Euro pro Jahr einbringen. Betroffen wäre davon nur das reichste Prozent der Bevölkerung (Bachmann 2021). Berechnungen zeigen auch, dass eine stark progressive Vermögenssteuer weitere 11,2 Mrd. Euro jährlich bringen könnte (Attac 2024). Damit würde eine echte Umverteilung stattfinden und das Steuergeld dort ankommen, wo es dringend benötigt wird. Mit der Einführung der Kindergrundsicherung kann es möglich werden, dass ein Großteil der aktuell armutsbetroffenen Kinder und Jugendlichen die Weitergabe materieller Deprivation an die nächste Generation durchbricht. Die Einführung einer Kindergrundsicherung scheint selbst volkswirtschaftlich betrachtet mehr als sinnvoll, angesichts des jährlich entstehenden Schadens von 17,2 Mrd. infolge der Kinderarmut (z.B. durch Gesundheitskosten, Sozialtransfers, wirtschaftliche Effekte, fehlende Steuereinnahmen oder auch Einkommensnachteile für Betroffene, BMSGPK 2023).
14.
Aber ist es nicht unfair, Geld von reichen Menschen wegzunehmen?
Nein. Die Besteuerung von Vermögen ist in Österreich mit 1,4 Prozent extrem gering. Damit belegt Österreich gemeinsam mit der Slowakei den drittletzten Platz unter den 36 OECD-Staaten (AK 2024). Im Vergleich dazu wird das Vermögen in Kanada mit rund 12% besteuert. Doch das war nicht immer so. Bis in die 1960er-Jahre war eine Vermögenssteuer von knapp 4% in Österreich ein wichtiger Teil der Steuereinnahmen (AK 2024). Währenddessen ist der Faktor Arbeit in Österreich vergleichsweise hoch besteuert. Im Jahr 2023 wurden durchschnittlich 48%der Steuern und Abgaben von Arbeitnehmer*innen geleistet. Damit liegt Österreich auf Platz 4 der Länder mit den höchsten Steuersätzen für Arbeitnehmer*innen innerhalb der OECDStaaten (ÖGB 2024). Die extrem niedrigen Steuersätze für Vermögen sind einer der Gründe dafür, dass das Vermögen in Österreich besonders ungleich verteilt ist. Es wäre unfair, den Status quo aufrechtzuerhalten und Vermögen nicht höher zu besteuern.
15.
Die Idee der Kindergrundsicherung klingt sehr gut. Aber ist sie politisch überhaupt umsetzbar?
Die Regierung Österreichs hat sich im „Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der europäischen Garantie für Kinder“, der 2023 im Ministerrat beschlossen wurde, verpflichtet, die Kinderarmut bis 2030 zu halbieren. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es entschlossene strukturelle Maßnahmen der Politik. Neben der Volkshilfe fordern viele weitere Kinderrechteund Sozialorganisationen, Expert*innen und Parteien die Einführung einer Kindergrundsicherung. Das Sozialministerium arbeitet bereits am Plan zur Umsetzung einer Kindergrundsicherung. Zur Umsetzung braucht es aber eine parlamentarische Mehrheit, die Kinderarmut abschaffen will.
16.
Was muss eine Kindergrundsicherung umfassen, damit sie
den Namen auch verdient?
Damit eine Kindergrundsicherung ihrem Namen gerecht wird, hat die Volkshilfe Mindestanforderungen definiert (siehe: kinderarmut-abschaffen.at/kindergrundsicherung) und begleitet die politische Diskussion mit einem kritischen Blick. Eine Kindergrundsicherung darf etwa nicht, wie in Deutschland, nur auf eine reine Vereinheitlichung der bestehenden Leistungen hinauslaufen. Für uns ist zentral, dass es darüber hinaus sozial treffsichere Leistungen gibt. Eine Kindergrundsicherung darf auch nicht von Sozial- oder Bildungskürzungen begleitet sein, weil ihr Effekt sonst verpufft. Vielmehr gehen die Kindergrundsicherung und die beste Infrastruktur für Kinder Hand in Hand. Daher ist es entscheidend, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und deutlich zu machen, dass eine Kindergrundsicherung effektiv die Armutsgefährdungsquote von Familien mit Kindern senken muss, um ihren Namen zu verdienen.
Literaturliste
- Andresen, Sabine/Galic, Danijela (2015). Kinder. Armut. Familie. Alltagsbewältigung und Wege zu wirksamer Unterstützung. Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.
- Attac Österreich (2024). Die extreme Konzentration von Vermögen und Macht gerät völlig außer Kontrolle. Die Attac-Vermögensteuer steuert dagegen. Online verfügbar: https://www.attac.at/fileadmin/user_upload/dateien/kampagnen/Attac_Modell_Vermoegensteuer.pdf, aberufen am 04.07.2024.
- Arbeiterkammer (2024). Fakten und Mythen zur Vermögensverteilung. Online verfügbar: https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/steuergerechtigkeit/Vermoegenssteuer.html, abgerufen am 04.07.2024.
- Barrientos, Armando/Hulme, David (2008). Social Protection for the Poor and Poorest. Concepts, Policies and Politics. New York: Palgrave Macmillan.
- Bachmann, Andreas (2021). Arm und reich: Was du zur Vermögensverteilung in Österreich wissen musst. Online verfügbar: https://www.moment.at/story/vermoegensverteilung-oesterreich/, abgerufen am 04.07.2024.
- Becker, Irene (2013). Kindergrundsicherung & Co.: Erörterung und Bewertung verschiedener Reformmodelle. Input zur öffentlichen Anhörung der staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration der Bremischen Bürgerschaft am 25. Mai 2018 in Bremen. Online verfügbar: https://www.soziales.bremen.de/sixcms/media.php/13/TOP%203%20L_Kindergrundsicherung.pdf, abgerufen am 04.07.2024.
- Bonin, Holger et al. (2013). Evaluation der Wirkung ehe- und familienbezogener Leistungen auf die Geburtenrate/Erfüllung von Kinderwünschen. Endbericht. Gutachten für die Prognos AG. Berlin: Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Online verfügbar: https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/ZEW_Methodenband_Zentrale_Leistungen2013.pdf, abgerufen am 04.07.2024.
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2021). Neunter Familienbericht. Eltern sein in Deutschland-Ansprüche, Anforderungen und Angebote bei wachsender Vielfalt mit Stellungnahme der Bundesregierung. Berlin. Online verfügbar: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/174094/93093983704d614858141b8f14401244/neunter-familienbericht-langfassung-data.pdf, abgerufen am 04.07.2024.
- BMSGPK (2024). Sozioökonomische Benachteiligungen in der Kindheit: Wesentliche Herausforderungen im aktuellen Überblick. Online verfügbar: https://www.sozialministerium.at/Services/Neuigkeiten-und-Termine/Archiv-2023/November-2023/oecd-studie.html, abgerufen am 04.07.2024.
- Diakonisches Werk (2011). Wirksame Wege für Familien mit geringem Einkommen im Braunschweiger Land gestalten. Braunschweig. Online verfügbar: https://www.diakonie-im-braunschweiger-land.de/wirksame-wege-gestalten-2021.html, abgerufen am 04.07.2024.
- Dienlin, Tobias (2023). Mental Health Days Studie 2023. Online verfügbar www.vsum.tv, aberufen am 25.07.2024.
- Einböck, Marina/Proyer, Michelle/Fenninger, Erich (2015). Lebensbedingungen und Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen in und über Armut. Ergebnisse aus einer Erhebung zu Lebenswelten und Netzwerken armutsbetroffener, armutsgefährdeter und nicht armutsgefährdeter Kinder und Jugendlicher in zwei österreichischen Regionen. Wien: Volkshilfe Österreich. Online verfügbar: https://www.kinderarmut-abschaffen.at/fileadmin/user_upload/Media_Library/Bilder/Bilder_nach_Themen/Kinderarmut/Kurzstudie_Kinderarmut.pdf, abgerufen am 04.07.2024.
- Haushofer, Johannes/Shapiro, Jeremy (2016). The Short-term Impact of Unconditional Cash Transfers to the Poor: Experimental Evidence from Kenya. The Quarterly Journal of Economics, 131(4), 1973-2042. Online verfügbar: https://doi.org/10.1093/qje/qjw025, abgerufen am 04.07.2024.
- Leitner, Andrea/Pessel, Gabriele/Köpping, Maria/Steiner, Mario (2020). COVID-19 LehrerInnenbefragung – Zwischenergebnisse Was tun, damit aus der Gesundheitskrise nicht auch eine Bildungskrise wird?. Online verfügbar: https://www.ihs.ac.at/de/publications-hub/blog/beitraege/lehrerinnenbefragung-zwischenergebnisse/, abgerufen am 04.07.2021.
- Lichtenberger, Hanna/Ranftler Judith (2023).Radikale Solidarität mit armutsbetroffenen Kindern; in: Evelyn Regner/Mario Lindner (Hrsg.): Radikale Solidarität. Warum Vielfalt immer eine soziale Frage ist.Wien: ÖGB Verlag. S. 152-158.
- ÖGB (2024). Hohe Steuern auf Arbeit in Österreich. Online verfügbar: https://www.oegb.at/themen/soziale-gerechtigkeit/steuern-und-konjunktur/hohe-steuern-auf-arbeit-in-oesterreich, abgerufen am 04.07.2024.
- Spieß, Katharina (2013). Investitionen in Bildung: Frühkindlicher Bereich hat großes Potential. In: DIW Wochenbericht 26(80), 40-47. Online verfügbar: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.423458.de/13-26.pdf, abgerufen am 04.07.2024.
- Statistik Austria (2024). Tabellenband EU-SILC 2023 und Bundesländertabellen mit Dreijahresdurchschnitt EU-SILC 2021 bis 2023. Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Wien: Statistik Austria. Online verfügbar: https://www.statistik.at/fileadmin/pages/338/Tabellenband_EUSILC_2023.pdf, abgerufen am 04.07.2024.
- Urban, Hans-Jürgen (Hrsg.) (2006). ABC zum Neoliberalismus. Von „Agenda 2010“ bis „Zumutbarkeit“. Hamburg: VSA-Verlag.
- Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (2018). Kommt das Geld bei den Kindern an? Mannheim: Verlag Bertelsmann Stiftung. Online verfügbar: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/kommt-das-geld-bei-den-kindern-an/, abgerufen am 04.07.2024.
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